Ein Besuch in Marwitz / Oberhavel

Ein freier Tag führte uns in den Landkreis Oberhavel, genauer gesagt nach Marwitz. Der Orte liegt noch innerhalb des Autobahn-Ringes, doch zum Berliner Speckgürtel zählt er auf jeden Fall nicht, dafür ist er (noch) zu weit von der Stadtgrenze entfernt. Es dominieren weite landwirtschaftliche Flächen und kleine, eher bescheidene Nachbar-Ortschaften.

Marwitz erreicht man am besten über die Autobahn-Abfahrt Oberkrämer. Man passiert zunächst das hübsche Dörfchen Eichstädt und gelangt dann geradewegs nach Marwitz. Wie Eichstädt und eine Reihe weiterer Ortschaften zählt das Dorf zur Großgemeinde Oberkrämer, die es erst seit 1998 gibt.
Vom Alter her scheint das Dorf nicht unbedingt ein typisch brandenburgisches zu sein. Seine Ersterwähnung fand im 14. Jahrhundert statt. Allerdings ist bemerkenswert, dass diese nicht wie üblich im Landbuch Karls IV. (1375) zu finden ist, sondern urkundlich bereits 1345. Und darüber hinaus geht man davon aus, dass das Dorf bereits in slawischer Zeit existierte und gegen Ende des 12. Jahrhunderts im Rahmen der deutschen Besiedelung kolonialisiert wurde.
Vermutlich gab es bereits in dieser Zeit eine Kirche, jedoch sind von ihr bis heute keine Reste entdeckt worden. Die heutige Kirche widerspricht dem Bild der märkischen Feld- oder Backsteinkirches, sie mutet eher süddeutsch-barock an. Und so überrascht es nicht, dass sie erst Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut, wurde - allerdings um einen spätgotischen Kern herum.

Die Neugestaltung der Kirche hat mit einem einschneidenden Ereignis der Geschichte des Dorfes zu tun: der Einrichtung des Lehnsgutes Marwitz im Zuge dessen das neue - königliche - Patronat auch den Umbau der Kirche veranlasste.

Dass im Ort eine dominierende Gutsherrschaft fehlte, ist deutlich an den stattlichen Bauernhäusern zu erkennen. Ein Rundgang über nördlichen und südlichen Dorfanger lohnt sich daher in jedem Fall.

Wenn man den Dorfkern in östlicher Richtung verlässt und der L17 ein Stück in Richtung Berlin folgt, sollte man nicht versäumen, links in die Triftstraße einzubiegen und das wohl bedeutendste Unternehmen von Marwitz zu besuchen: Die Hedwig-Bollhagen-Werkstätten. Zumindest der Werksverkauf, der täglich außer Sonntags bis zum frühen Nachmittag geöffnet ist, erlaubt einen Eindruck in diese besondere Produktionsstätte. 1934 übernahm die damals noch unbekannte Keramikerin gemeinsam mit einem Partner eine geschlossene Fertigungsstätte für künstlerische Keramik und führte sie bis zu ihrem Tode im Jahr 2001 zu Weltruf. Treffend beschreibt das Internetlexikon Wikipedia ihr Schaffen als "zwanglose Verbindung bäuerlicher Tradition und Bauhaus-Ästhetik." Der Besuch der eigentlichen Werkstätten ist im Rahmen von Führungen, die in der Regel einmal monatlich stattfinden, möglich.

Eine andere Firma hat sich nördlich des Dorfkernes am Bärenklauer Weg angesiedelt. Auf dem Gelände einer ehemaligen Schweinemastanlage lagert und verkauft ein findiger Unternehmer historische Baustoffe aller Art: Türen, Fenster, Holzfußböden, Treppen, Fliesen, Beschläge, Zäune, Ziegel, Säulen, Pflastersteine und vieles mehr ...
Baumaterialien, die in manchem Sanierungsobjekt einfach entsorgt würden, warten hier auf Bauherren, die ein Gebäude restaurieren oder stilgetreu wieder herrichten möchten. Ein Unternehmen, dass anfangs belächelt, jedoch mit den Jahren seinen Markt gefunden hat.

Und auch für Liebhaber kleinerer Objekte kann sich der Besuch durchaus lohnen. Eine ganze Halle ist gefüllt mit alten Möbeln, Einrichtungsgegenständen und Kleinkram - in einer Menge, mit der man einen ganzen Trödelmarkt ausstatten könnte ...

 

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